„Lass uns Freunde bleiben“ – wer kennt diesen Satz nicht? Diese am Ende von Beziehungen – zum Teil auch aus Verlegenheit – ausgesprochene Formel, bleibt oft nur eine leere Floskel. Von einer sehr intimen Beziehung plötzlich auf Freundschaftsmodus herunterzuschalten – geht das überhaupt?
Das scheint für viele mehr als schwierig, besonders wenn verletzte Gefühle im Spiel sind. Aber es gibt auch zahlreiche Beispiele, die zeigen, dass eine solche Freundschaft funktionieren kann.
Doch diese betrifft nicht nur die jeweiligen Ex-Partner, auch die neue Beziehung wird davon stark beeinflusst. Was also tun, wenn Ihr neuer Partner in engem freundschaftlichem Kontakt zu seiner verflossenen Liebe steht und diese in Ihrer Partnerschaft ständig präsent ist?
Laut einer Studie des Magazins „Stern“¹ ist fast die Hälfte der Deutschen mit einem oder sogar mehreren Ex-Partnern befreundet. Von denjenigen, die noch in engem Kontakt stehen, gehen 48% miteinander aus, 43% telefonieren regelmäßig und fast jeder vierte tauscht sich mit dem Verflossenen über Beziehungsprobleme aus.
Von Liebe zu Freundschaft
Wenn Ihr Partner freundschaftlichen Kontakt zu einer ehemaligen Liebe hält, hilft es zu verstehen, wie und warum solche Freundschaften überhaupt entstehen. Warum haben Menschen ein Bedürfnis danach, mit ihrem Ex-Partner befreundet zu sein? Forscher der University of California haben herausgefunden, dass Beziehungen auf drei Grundpfeilern beruhen: Sexualität, Fürsorge und Bindung. Nach einer Trennung fällt die Sexualität weg, aber Fürsorge und Bindung können erhalten bleiben.
Freundschaft basiert auf Sympathie und Vertrauen. Beide sind wichtige Elemente für jede Beziehung und müssen nach der Trennung nicht automatisch verschwinden. Psychologin und Beziehungsexpertin Wiebke Neberich erklärt: „Nur Sexualität ist ein exklusives Charakteristikum von Liebesbeziehungen. Die Fürsorge reduziert sich meist von selbst durch den geringeren Kontakt. Die Bindung allerdings kann kaum so abrupt gecancelt werden.“
Freundschaft mit dem Ex – wann kann sie funktionieren?
In den meisten Fällen funktioniert eine Freundschaft mit dem Ex-Partner, wenn sich das Paar einvernehmlich getrennt hat. Wenn beide Seiten die zerbrochene Liebesbeziehung verarbeitet haben und die Verletzungen nicht so stark waren, dass das Vertrauensverhältnis zerstört wurde, steht einem freundschaftlichen Umgang nichts im Wege. Für viele Menschen kann es sehr bereichernd sein, einen Ex-Partner als Freund zu haben. Schließlich kennt er sie besser als viele andere und stellt einen großen und wichtigen Teil ihres Lebens dar. Gerade bei gemeinsamen Kindern ist es wichtig, einen freundschaftlichen Kontakt mit dem Ex-Partner zu pflegen.
Häufig ist es leider so, dass eine Beziehung auseinander geht, weil mindestens einer der Partner verletzt wurde. Jemand, der einen verletzt, ist per Definition kein Freund. In diesen Fällen sind ein paar Treffen im Jahr normal, aber eine „beste Freundschaft“ kann auf dieser Basis schwerlich wachsen. Meistens führen solche Versuche nur zu weiteren Verletzungen und Herzschmerz.
Freundschaft mit dem Ex – Bewährungsprobe für die neue Beziehung
Falls Ihr Partner engen Kontakt zu einer verflossenen Liebe pflegt, ist es verständlich, wenn bei Ihnen Eifersucht aufkommt. Wir wollen das Wichtigste im Leben unseres Partners sein, seine volle Zuneigung und Aufmerksamkeit bekommen. Gerade weil der ehemalige Partner dies alles schon einmal bekommen hat, wirkt er besonders bedrohlich.
Ein geringes Maß an Eifersucht ist normal und kann sich sogar positiv auf die Beziehung auswirken. Doch Sie müssen aufpassen, nicht über das Ziel hinaus zu schießen und Ihren Partner mit ungerechtfertigten Vorwürfen oder Beschuldigungen zu konfrontieren. Das ist nicht fair und es wird ihn unter Umständen nur noch mehr in die Arme des Ex-Partners treiben.
Was tun gegen die Eifersucht auf den Ex-Partner?
Eifersucht ist ein sehr komplexes Phänomen und gerade in Bezug auf einen Ex-Partner ein heikles Thema. Wenn Ihr neuer Partner eine Freundschaft mit dem Ex aufrecht erhält, müssen Sie ansprechen, was Sie stören könnte. Nur so kann Ihr Partner Rücksicht darauf nehmen. So sollten Treffen mit dem ehemaligen Partner keinesfalls heimlich stattfinden. Wenn Sie darüber Bescheid wissen, kann dies helfen, Ihre Eifersucht einzudämmen.
Auch sollten keine Fotos oder andere Relikte aus der alten Beziehung in der Wohnung zu finden sein, dies ist nur unnötig verletzend. Reden Sie mit Ihrem Partner, wenn Sie nicht wollen, dass dieser mit seinem Ex-Partner über Ihre Beziehung und vielleicht gar über Ihre Beziehungsprobleme spricht. Erklären Sie ihm, dass dies für Sie einen Vertrauensbruch darstellen würde. Vielleicht kann es Ihnen auch helfen, den ehemaligen Partner kennenzulernen. So könnte Ihr Partner ein Zeichen für Ihre neue Beziehung setzen und Sie können sehen, dass auch der Ex-Partner nicht perfekt ist.
Grenzen akzeptieren
Gerade wegen der besonderen Art der Freundschaft zwischen Ex-Partnern, ist es wichtig sich über ihre Bedeutung bewusst zu sein und Grenzen einhalten. Das betrifft beispielsweise die Häufigkeit der Kontakte oder die Intimität des Gesprächslevels. Spricht Ihr Partner diese Thematik von sich aus an, ist dies ein gutes Zeichen. Reagiert er aber mit wenig Verständnis auf Ihre Wünsche, ist Vorsicht geboten. Dann kann es sein, dass die alte Beziehung vielleicht doch noch nicht ganz überwunden ist. Dann sollten Sie die Freundschaft mit dem Ex -Partner kritisch hinterfragen.
Wiebke Neberich rät: „Der neue Partner sollte eine Chance haben, Ihre erste Bezugsperson zu werden und er sollte es sein, mit dem Sie die meisten vertraulichen Dinge besprechen. Dieser Unterschied zwischen Freundschaft und Partnerschaft sollte allen Beteiligten klar sein. Das ist fair und somit lassen sich Eifersucht, Missverständnisse und Verletzungen vermeiden.“
Quellen:
¹Befragt nach der Freundschaft mit dem Ex-Partner wurden insgesamt 2.290 Männer und Frauen. Die Fragen nach gemeinsamen Unternehmungen wurden denjenigen gestellt, die angegeben hatten, mit mindestens einem Ex-Partner befreundet zu sein. (Quelle: dpa, Stern 26.09.2002)