„Von Frauenbewegung kann man heute nicht mehr reden. Heute ist Feminismus in den Köpfen der Frauen selbstverständlich“, behauptet zumindest Alice Schwarzer. Aber ist das auch wirklich so? Mit der Emanzipation haben nämlich nicht nur die Männer so ihre Probleme. Auch Frauen wissen manchmal nicht, wo sie sich einordnen sollen.
Welche Rolle soll die Frau denn nun verkörpern?
Frauen wollen feminin wirken. Im Gegensatz dazu kämpfen sie seit dem 18. Jahrhundert um die rechtliche und soziale Gleichstellung.
Auch heute noch setzen sich die Frauen dafür ein, die gleichen Chancen wie Männer zu bekommen, vor allem, wenn es um die Karriere geht. Abends nach der Arbeit haben sie dann wieder in die Rolle der treusorgenden Mutter und Hausfrau zu spielen.
Wie schaffen es Frauen, sich in diesem Rollenverteilungs-Wirrwarr zurechtzufinden? Die Antwort darauf begegnet uns täglich: Nur wenige Frauen können diese Pflichten miteinander vereinbaren. Die Emanzipation stellt sie vor eine harte Entscheidung: Familie oder Karriere? Vor allem bei den Akademikerinnen fällt diese Entscheidung meist zugunsten der Karriere aus.
Die Lage der Emanzipation
Das Wort „Emanzipation“ kommt vom Lateinische „emancipare“ und bezeichnet die Befreiung von religiöser, politischer und sexueller Unterdrückung. Meist ist heute damit die Emanzipation der Frau gemeint. Viele Errungenschaften der Frauenbewegung, besonders die der 68er Jahre, sind bei uns heute so selbstverständlich geworden, dass wir sie gar nicht mehr wahrnehmen. Frauen können wählen, studieren, arbeiten und ihren Lebensstil frei wählen.
Das war vor einigen Jahrzehnten noch nicht so. Seit 1958 gibt es in Deutschland das Gleichberechtigungsgesetz. Vorher durfte eine Frau z.B. nur mit Erlaubnis ihres Mannes berufstätig sein und die meisten lebten nach dem Motto „Kinder, Küche, Kirche“.
Trotzdem gibt es immer noch Ungerechtigkeiten. So verdienen Frauen bei gleicher Arbeit oft weniger als Männer (im Schnitt nur 76 Prozent des Lohnes), obwohl sie in der Schule und im Studium besser abschneiden. Mittlerweile müssen Frauen viel mehr tun als Männer, denn sie müssen mehrere Rollen gleichzeitig erfüllen, während diese sich wie vorher ihrer Karriere widmen können.
Verunsicherung beim „starken“ Geschlecht
Aber auch die Männer sind verunsichert. Was ist denn nun typisch Mann? Ist es noch richtig, einer Dame die Tür aufzuhalten, den Mantel abzunehmen und den Stuhl zurechtzurücken? Oder möchte die emanzipierte Frau das selbst übernehmen? Durch diese Unsicherheiten ist der klassische Gentleman vom Aussterben bedroht. Männer sind sich auch unsicher, ob sie noch in die Rolle des starken Geschlechts schlüpfen dürfen, oder ob sie dann sofort den Stempel des Machos aufgedrückt bekommen. Oder kann ein freundlich gemeintes Kompliment als billige Anmache vielleicht nach hinten losgehen?
Ebenso schwierig ist es für Männer, sich in die neue Rolle des Hausmanns und modernen Vaters hineinzufinden. Da die Frau sich nun verstärkt auf die Karriere konzentriert, kann es schon einmal vorkommen, dass der Vater zu Hause die Kinder hüten muss – was eigentlich gegen sein Rollenverständnis spricht.
Nur drei Prozent der Väter gehen in Elternzeit, obwohl dies gesetzlich möglich ist. Wer will schon vor seinen Kollegen als „Weichei“ dastehen. Dies hat zur Folge, dass auch Männer später oder gar keine Kinder bekommen. Durch die langen Ausbildungszeiten und die unsichere Arbeitsmarktlage können sie die Rolle als Ernährer nicht mehr erfüllen, wollen aber erst dann eine Familie, wenn sie diese auch versorgen können.
Wie soll man damit umgehen?
Es lässt sich also festhalten, dass die Emanzipation nicht nur ein Segen, sondern auch ein Fluch sein kann. Natürlich hat sie entscheidende Verbesserungen für beide Geschlechter, vor allem für die Frauen, ausgelöst, aber der Fluch, den sie mit sich bringt, kann auch viele Steine in den Weg legen. Mittlerweile spricht man schon von einer „Emanzipation des Mannes“, da er durch die Frauenbewegung unterdrückt worden sei.
Die Gesellschaft befindet sich im Wandel und es gibt kein festes Rollenverständnis mehr. Letztendlich müssen sowohl die Männer als auch die Frauen selbst die richtige Rolle für sich finden.